Franziskusstatue im Garten

Heilige

Bei einer Stunde über Franziskus wurde ich überrascht von der Rückfrage, was denn ein Heiliger sei. Ja, was ist das?

Einerseits spricht die Bibel von den Gläubigen als Heiligen, die dies einfach auf Grund ihres Glaubens sind, andererseits kennen die alten Kirchen Heilige, die wegen besonderer Eigenschaften so genannt werden. Die katholische Kirche hat dafür einen besonderen Prozess der Heiligsprechung geschaffen. Die Kirchen der Reformation lehn(t)en dies entschieden ab.

Da ich zwar in der evangelische Kirche geboren, getauft und konfirmiert wurde, inzwischen jedoch zu einer ökumenischen Glaubenshaltung gekommen bin, fällt es mir nicht schwer, von Heiligen zu reden. Aber es ist sicher gut, zu erklären, was das bedeutet.

Als ich mit 17 Jahren bei einer Evangelisation “nach vorne ging”, geschah dies auf Grund einer inneren Berührung, die nicht zu erklären ist. Damit bekam mein Glaube eine neue persönliche Note, die über die bisherige kirchliche Form hinausging. Wir sprachen damals von meiner Bekehrung.

Im Rückblick bedeutete das, dass ich mich nun auf die Gnade und Vergebung berufen konnte und nun andere Aufgaben für mein Leben sah. Davor war ich politisch und kulturell aktiv, wobei die Beziehung zu Gott recht theoretisch blieb. Nun war diese Beziehung “alles”! Und die Aufgabe bestand darin, andere in diese Beziehung zu bringen. Mein Christsein bestand von da an aus Bekehrung und Mission.

Als ich dann mit 19 Jahren nach Kanaan kam – auf einem Weg “in die Mission” – traf mich durch 1.Korinther 13 die Erkenntnis, dass zu diesem Vorhaben ganz wesentlich die echte, gelebte Liebe gehört. Inzwischen sind 50 Jahre vergangen und ich bin immer noch am Lernen😊. Was mich hier getroffen hat, war das Wort “Heiligung”. Mit meiner Bekehrung hatte ich nur den Anfang eines Weges erlebt, nun galt/gilt es, diesen zu gehen. Und das bedeutet Wachstum und Fortgang.

Und damit bin ich bei meinem Verständnis der Heiligen.

In der Gemeinde gibt es immer unterschiedlich intensiv lebende Menschen. Manchen genügt es, einfach dazugehören. Sie fallen nicht auf. Andere machen viel Tamtam und wirbeln die Gemeinde auf. Und bei einigen merkt man dann im Rückblick, dass das nicht nur Aktivismus ist. Sie zeigen eine innere Kraft und Treue, die über das Gewöhnliche hinausgeht. So war das schon zu allen Zeiten. Und darum wurden solche Menschen in besonderer Weise als Heilige gesehen.

Dies ist kein Widerspruch dazu, dass alle Gläubigen durch ihre Hingabe an Gott Heilige sind. Ich sehe darin jedoch eine Bestätigung dafür, dass diese Menschen ihr heilig Sein auch wirklich umgesetzt haben. Bei anderen Gläubigen habe ich eher das Gefühl, dass die Bekehrung lange her ist und für den Alltag eher formale Bedeutung hat.

Heilige sind also Menschen auf dem Weg zu Gott, die viel oder alles dafür einsetzen. Trotzdem bleiben sie Sünder, die auf Gnade angewiesen sind. Andere, die es lockerer nehmen, merken vielleicht kaum etwas von ihrem Sünder Sein, und nehmen die Gnade als erledigt oder garantiert hin.

Von daher verstehe ich, dass die alten Kirchen solche besondere Gläubige dann als Heilige bezeichnet und verehrt hat. So habe ich vor einigen Jahren formuliert:

Was ist der Unterschied zwischen Heiligen und Sündern?
Heilige sind beides – Sünder weder noch.

BE

Und vielleicht wirft das ja auch ein Licht auf das Phänomen unserer Zeit, dass bestimmte Menschen als Influenzer bezeichnet werden?

Letzte Änderung: 13. August 2022