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Wären wir ohne Kirche besser dran?

In 15 Minuten ist keine volle Abhandlung über „die Kirche“ möglich.
Darum eine Mini-Skizze – Kirche ist

  1. Ein Gebäude, in das Christen Sonntags gehen können, davon gibt es Tausende
  2. Eine Organisation, zu der Christen gehören (können), davon gibt es auch reichlich und jede kann etliche Kirchengebäude haben. Manche nennen sich auch bloß xy-Gemeinde.
  3. Ein Begriff, den wir nicht so recht greifen können, denn davon gibt es nur eine Einzige. „Die Kirche Gottes oder die Kirche Jesu Christi“

Um das Gebäude kümmern wir uns jetzt nicht, denn unsere Frage richtet sich auf ein Gemisch aus Organisation und dem dahinter stehenden Begriff.

Im Alltag begegnet uns Kirche als Organisation meist in Form der Großkirchen, wir sprechen in Deutschland von der katholischen oder evangelischen Kirche. Und schon wird es noch komplizierter, denn es gibt weltweit nur eine römisch-katholische Kirche, aber allein in Deutschland ein rundes Dutzend evangelische Landeskirchen, die alle autark sind.

In der römischen Kirche kommen Organisation und Begriff einander sehr nahe, denn römisch-katholische Überzeugung und Lehre ist, dass es nur eine einzige Kirche geben kann, wobei laut oder leise geglaubt wird, dass diese mit der römisch-katholischen Kirche identisch ist, deren Haupt der Papst ist.

Und sehr oft habe ich den Eindruck, wenn von „Kirche“ geredet, oder über sie geschimpft wird, dass eben diese eine Kirche und ihr Papst gemeint wird.

Was aber ist das für ein ungreifbarer Begriff?

Darüber sind sich die verschiedenen Organisationen selbst nicht ganz einig.

Κυριακη, die griechische Wurzel unseres Wortes Kirche bedeutet die dem Herrn Gehörende, εκκλεσια, das waren die Herausgerufenen, die das Leben am Ort bestimmen konnten. Das hebräische Wort ist einfach Versammlung.

Und wer sind „WIR“?

Ehrlich gesagt, je länger ich damit arbeite, um so mehr tut die Frage mir weh. So als würden wir von der völlig falschen Seite herangehen. Als würden die Kinder im Spielzimmer Geschichten ausdenken, wie es wäre, wenn es die Eltern nicht gäbe. Eltern können auch völlig unmöglich sein, aber ich bin nun einmal von konkreten Eltern geboren, also muss ich meinen Weg suchen, damit umzugehen.

Was aber ist unsere Frage heute?

Zwei grundverschiedene Blickrichtungen stehen vor mir:

  • Wenn die Kirche so viel Mist gebaut hat und sich um die aktuellen Fragen so erbärmlich herumdrückt, wäre die Welt da nicht besser, wenn es diese Organisationen gar nicht gäbe?
  • Kann ich nicht an Gott glauben und Jesus nachfolgen ohne diesen ganzen Überbau von Kirche, einfach für mich allein? Wozu brauche ich andere Christen?

Da kommen jede Menge praktische Themen ins Spiel, an denen wir uns aber jetzt nicht aufhalten können.

Brauchen wir KIRCHE?

Gretchenfrage

„Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub’, du hältst nicht viel davon.“

Würden wir heute sagen, wie hast du’s mit der Kirche?
Oder ist die eigentliche Frage, wie hast du es mit GOTT?

Persönliche Geschichte

Als ich die Bruderschaft kennen gelernt habe, war ich total fasziniert von diesem Leben und erzählte meinen Eltern davon, die erst mal völlig entgeistert reagierten, und in meinem Herzen ging etwas zu, das Wort Bruder wurde ein `no go´ für mich. Gott ja, Bruder nein. Fast neun Monate war ich völlig blockiert und wollte mit Gott gehen, aber nicht als Bruder, obwohl mein Herz eigentlich Bruder sein wollte. Schließlich hat Gott es mit mir doch geschafft, meine Barriere zu durchbrechen

Festgelegt und fertig?
Sind wir so gewöhnt, Gott auszuklammern, dass Er gar nicht zu uns durchkommen kann?

Postmoderne Kultur

Gott ist kein Thema, wir brauchen Ihn nicht, wir schaffen das auch ohne Gott. Brauchen wir Gott? Brauchen wir Kirche? Ist das die eigentliche Frage?

Über Kirche können wir diskutieren, die wissen ja selber nicht, wie sie sich über den Begriff einigen sollen.

Heinrich Faust hat nie ehrlich auf die Gretchenfrage geantwortet.
Sind wir bereit, die Frage nach Gott zu stellen?
Sind wir bereit, uns der Frage Gottes zu stellen?

In der Botschaft der jüdischen und christlichen Bibel ist von vornherein klar: der Handelnde ist Gott. Die ersten sieben Worte lassen mich nicht los: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“.

Und die erste Frage in der Bibel ist nicht die Frage von Menschen nach Gott, sondern Gott selbst fragt uns: „Mensch, wo bist du?“

Wenn wir von uns ausgehen und nach Gott fragen, kommen die vielen Religionen ins Spiel. Wie bei den vielen Kirch-Gebäuden und Kirchen-Organisationen – welche ist jetzt die Richtige?

Darf Gott mich fragen?

Wenn wir aber zulassen, dass Gott uns fragen darf, dann geht es nicht mehr um Religion oder Kirche, dann stehe ich selber dem gegenüber, der mich geschaffen hat, dem ich gehöre, ob ich will oder nicht.

Ich erlebe eine ungeheure Freiheit. Nichts zwingt mich, die Herrschaft Gottes anzuerkennen. Ich kann und darf mich hier auf Erden einrichten, wie es mir gefällt. Menschen können meine Freiheit einschränken – Gott tut es nicht!

Und trotzdem bin ich Sein Eigentum – Er wartet nur darauf, dass ich es anerkenne und sein möchte.

Und weil die Entscheidung für uns zu abstrakt sein könnte, hat Gott einen unvorstellbaren Weg beschritten: Er wurde selbst Mensch in Jesus, dem Messias.

Wir können über Jesus reden als großen Lehrer und wunderbaren Menschen, aber das genügt nicht. Jesus ist geboren, um uns mit Gott, dem Vater zu verbinden. Er wurde nicht verstanden, er hat „zu viel durcheinandergebracht“ in der Religion seiner Zeit. Darum wurde er umgebracht – aber Er ist auferstanden und lebt!

Ja, Jesus hat Seine Kirche oder Gemeinde selbst gebaut und auf Petrus, dem Felsen gegründet. Das ist Die Kirche – nicht mehr als Begriff, sondern als lebendige Realität, wenn auch als Ganzes unsichtbar für uns Menschen.

Kirche als der Ort, wo wir Gott begegnen und zu Ihm gehören können.

Kirche als Gemeinschaft derer, die sich von Gott ansprechen lassen, ist etwas anderes als eine Religionsgemeinschaft, die über Gott nachdenkt. Miteinander leben und leiden wir.

Die Organisation mit ihren Schwächen und Schäden könnte vielleicht wegfallen, aber die Gemeinschaft derer, die Gott suchen, die brauchen wir. Denn dann muss keiner alles können und keiner ist nutzlos. Der jüdische und christliche Weg durchs Leben ist ein Weg in Gemeinschaft und gegenseitiger Verbundenheit und sollte so sein wie in einer gesunden Familie, die sich nicht nur gelegentlich begegnet.

Zur Organisation einer bestimmten Kirche kann ich durch Taufe und Eintritt gehören, zur Kirche Gottes gehöre ich, wenn ich das neue Leben von Gott selbst annehme und lerne, Jesus nachzufolgen. Damit gehöre ich dann auch zur Gemeinschaft all derer, die den selben Weg gehen wollen.

Und weil das zwei so völlig verschiedene Welten sind, die Kirche und die andern, darum bedeutet der Eintritt in die Kirche Gottes durch Jesus Christus eine neue Geburt. Es bedeutet eine völlige Umkehr unseres Denkens, wenn wir anerkennen, dass nicht wir zuerst nach Gott gefragt haben, sondern Er nach uns.

In der Physik gibt es die verschiedenen Systeme oder Denkräume. Was hier auf der Erde nach den Newton’schen Gesetzen funktioniert, lässt sich nicht eins zu eins auf die Dimensionen des Weltalls übertragen. So funktioniert auch unser Denken über Gott zwar im Wohnzimmer, aber im realen Leben geht es um wirkliche Beziehung und Begegnung mit Ihm.

Erst wenn die Frage Gottes geklärt ist, stellt sich uns die Frage nach Kirche:

  • Will ich mir weiterhin meine Gedanken über Gott machen,
    oder höre ich in mir die leise Frage Gottes: „Mensch, wo bist du?“
  • Möchte ich meine wissenschaftliche Karriere möglichst ungestört von Gott absolvieren?
  • Wage ich es, mit anderen Gemeinschaft zu haben, auch wenn sie „so anders sind“?