Ein Blick in die Natur zeigt: Alles ist auf Wachstum angelegt. Sobald die Rahmenbedingungen gegeben sind, fängt es an zu wachsen. Deutlich sichtbar am Rand eines Gletschers. Wenn das Eis zurückgeht, zeigt sich blanker Fels. Es sammelt sich Staub und erstes Leben bricht auf. Das hält mehr Staub fest und größere Pflanzen können gedeihen. Ein paar Dutzend Meter oberhalb ist der Bergwald.
Natur ist Lateinisch und heißt: es wird geboren. Sobald die Bedingungen stimmen, kann Leben neues Leben gebären, und tut es auch.
Gott gab bei der Schöpfung das Gebot, dass die Erde Pflanzen wachsen lasse und Tiere fruchtbar seien, sich vermehrten, wie auch der Mensch. „Wachst und füllt den Raum, der euch gegeben ist“
Wachstum ist das Natürlichste von der Welt. Bis es an Grenzen stößt. Oder krank wird. Was geschieht, wenn eine Population überhand nimmt?
Wann, wie und warum das gewschieht, gehört ins Gebiet der Forschung. Hier genügt mir die Feststellung, dass immer wieder Populationen zusammenbrechen. Auch Katastrophen sind „natürlich“ – Wobei der Begriff Natur nur ausdrückt, dass es eben regelmäßig geschieht und gewissen Natur-Gesetzen folgt. Doch für den Glauben ist diese Natur ein Ausdruck von Gottes Willen.
Klar ist, dass immer wieder Katastrophen und Zusammenbrüche geschehen, offensichtlich war danach auch immer wieder ein neuer Anfang möglich – allerdings unter veränderten Bedingungen.
Wie jedes Jahr seine Phasen hat vom Wachstum im Frühling über die Fruchtbarkeit bis zum Rückzug im Winter, so geht auch unser Leben und unsere Kultur durch Phasen des Planens, Wachsens und Schwindens.
Da wir Menschen jeweils nur im Augenblick, im Jetzt leben können, ist Veränderung und Wandlung für uns nicht leicht einzuordnen. Vieles geschieht in großer Regelmäßigkeit. Die einzelnen Tage eines Jahres unterscheiden sich wenig – je älter ich werde, umso dankbarer bin ich, wenn vieles möglichst stabil bleibt.
Von außen gesehen – unsere Vorstellungskraft hilft uns dazu – gibt es fortlaufende Veränderungen. Insgesamt vollzieht sich eine Entwicklung, die zumindest in der Theorie als Evolution beschrieben werden kann. Still und stetig, so könnten wir meinen, wächst etwas immer weiter, bis irgendwann ein Affe sagen kann: „Ich bin ein Mensch“ – Ja, wenn dem so wäre! Wenn alles stetig ginge! Tut es aber nicht.
Schon im menschlichen Leben können wir Phasen und Abschnitte erkennen, die sich deutlich voneinander unterscheiden und durch klare Einschnitte gegeneinander abgegrenzt sind. Der Gang zum Kindergarten, dann zur Schule, zur Universität oder Berufsausbildung. Dann der Schritt in die eigene Verantwortung, Ehe und Familiengründung. Aufstieg im Arbeitsleben bis zu der Grenze, wo eine Sättigung eintritt. Schließlich das Abnehmen der Kräfte, Verlust des Gedächtnisses, Abschied von geliebten Menschen …
Manches geschieht stetig und kaum merklich, anderes kommt als markanter Einschnitt. Oft bedeutet das eine Entscheidung: Aus einer Vielzahl von Möglichkeiten, sichzu entscheiden für den einen Weg, für das eigene Leben.
Wendepunkte, Einschnitte, Krisen oder gar Katastrophen … Rückblickend sind sie erkennbar, im Augenblick des Erlebens oder Erleidens können sie sehr verwirrend sein. Was bisher Halt gab, fällt weg, Neuland muss beschritten werden.
Auch in der Geschichte der Menschheit gibt es Einschnitte. Gravierende, wie ein Tsunami, ein Vulkan-Ausbruch, ein Krieg. Oder stetigere wie zur Zeit der Völkerwanderung oder der Industrialisierung. In den letzten Jahren hat sich die Geschwindigkeit drastisch erhöht. Exponentielles Wachstum – das nicht grenzenlos möglich ist! Immer wieder tritt entweder Sättigung ein oder es kommt zum Zusammenbruch.
Der Preis für die Erfindung des Schachspiels war unbezahlbar, auch wenn es am Anfang so leicht aussah. Jeweils die doppelte Anzahl Reiskörner von Feld zu Feld. Ab dem zehnten Feld mit 1024 Körner wurde es schon sehr eng, aber es gibt 64 Felder.
Unser Blick von innen ist sehr eingeschränkt. Von außen sehe ich im Glauben – Gottes Schau – eine Entwicklung, die immer wieder auf SEIN Ziel hin korrigiert wird. Wir Menschen möchte es uns gern gemütlich machen. Die Propheten Israels warnten davor, wie Wein auf den Hefen liegen zu bleiben. Siehe Jeremia 48,11-12 & Zephanja 1,12-13
Gott lässt nicht zu, dass wir aus lauter Trägheit verschimmeln. Er sucht uns heim, doch die Krisen, die er dazu kommen lässt, sind kein abschließendes Urteil über die jeweilige Gesellschaft.
Krisen Gottes dienen der Neuordnung!
Altes zerbricht und fällt weg, Neues muss gelernt werden. Nehmen wir Gottes Korrektur an? Oder sehnen wir uns zurück wie das Volk Israel in der Wüste sich sehnte nach den Fleischtöpfen Ägyptens? Können wir die gegenwärtige Krise als Weichenstellung Gottes erkennen und annehmen?
Es soll, es darf nicht wieder werden wir zuvor. Wir waren als Volk und Gesellschaft noch nie an einem Punkt, zu dem wir zurückkehren dürften. Echte Buße ist nie Rückkehr zu einem Punkt der Vergangenheit, sondern Hinwendung zu einer neuen, echteren Beziehung zu Gott, unserem Schöpfer und Vater.
Letzte Änderung: 12. Juli 2020