Ein eigenartiger Gedanke: Lesen wir die Bibel nicht weithin so, als wäre sie vor fast 2000 Jahren abgeschlossen worden und wir hätten ihr nun einfach zu folgen? Der Schöpfungsbericht erzählt, was GOTT vor langer Zeit getan hat. Und wir leben nun „nach der Erschaffung“. Aber das wirkt dann leicht so, als sei Gott längst fertig mit Seinem Werk – so könnte es ja auch im Text von Genesis 1 klingen.
Auch die Evangelien erzählen, was vor langer Zeit zum Abschluss gekommen ist. Und wir versuchen, damit irgendwie zurecht zu kommen. Die Bibel ist fertig. Alles, was gesagt werden muss, ist in der Bibel schon gesagt. Wir müssen nun sehen, wie wir selbst damit leben können.
Irgendwie gehört die Bibel damit sehr stark zur Vergangenheit und Gott selbst scheint dann ganz weit weg. Gott als ‘primus motor’ – der erste Beweger, der sich dann aus dem Geschehen zurückzog?
Nun haben wir inzwischen unzählbare Hinweise, dass die Geschichte der Welt und der Menschheit sich über sehr viel längere Zeiten hinzog als es der biblische Text vermuten lässt. Die Versuche, eine Schöpfung in sechs Tagen und ein Weltalter von knapp 6000 Jahren zu beschreiben, sind zu künstlich, als dass ich ihnen wirkliche Bedeutung beimessen könnte. Allerdings könnten manche der vorgebrachten Argumente eine wichtige Korrektur für die Zeitrechnungen ohne Gott bedeuten.
Sollten wir vielleicht einmal unsere Blickrichtung ändern? Wir leben nicht zeitlich nach der Bibel, sondern gemäß der Bibel leben wir heute in Gottes Gegenwart – mitten drin in Gottes Schöpfungswalten!
Es war mir schon immer unverständlich, warum Gott „in Seinem ganzen Leben, nur sechs Tage als Schöpfer gearbeitet“ haben sollte. (Auch wenn das natürlich allzu-menschlich ausgedrückt ist.) Was tat ER davor? Und hat ER danach den Titel „Schöpfer“ nur noch ehrenhalber beibehalten?
Leben wir heute, im Jahr 2020 nicht mitten drin in Gottes Geschichte, mitten in der Bibel also? Genau wie Mose, Abraham, David, Jesaja, Petrus, Paulus, Lukas und Markus und all die anderen als ganz gewöhnliche Menschen „unter Gott“ – Ich liebe diese alte Übersetzung von Genesis 50,19 – denn sie passt so gut zu Genesis 17,1 „wandle unter Meinen Augen und sei ganz du“. Da ist nichts von Vergangenheit zu spüren, sondern von Leben mit Gott, jetzt, hier und heute.
Letzte Änderung: 10. Mai 2020